Wie “Bild” über einen “mutmaßlichen IS-Unterstützer” berichtet

Die bislang schlüssigste Erklärung geht in etwa so: Der aus Libyen stammende und in einer Flüchtlingsunterkunft in Bernau lebende Omar A. war auf der Suche nach einer Braut. Dafür chattete er mit einer Person, die sich zumindest als Frau ausgab, aber eigentlich bei der Terrororganisation “Islamischer Staat” für Rekrutierungen zuständig war. Ein sogenannter Nachrichtenhändler verschaffte sich Zugang zu diesem inhaltlich harmlosen Chat, reicherte ihn mit erfundenen belastenden Aussagen von Omar A. an und verkaufte ihn an einen Geheimdienst. Dieser Geheimdienst leitete den Chat an die deutschen Behörden weiter, die Omar A. festnahmen und in Untersuchungshaft steckten. Der Vorwurf: Er soll einen Anschlag auf die israelische Botschaft in Berlin geplant haben. Inzwischen ist Omar A., der sich von Anfang an kooperativ verhielt und beispielsweise den Ermittlern zu deren Überraschung direkt den Zugriff auf sein Handy ermöglichte, wieder auf freiem Fuß. Der Generalbundesanwalt sieht keinen dringenden Tatverdacht mehr.

Es deutet also alles darauf hin, dass Omar A. kein Terrorist ist. Den Anschlagsplan auf die israelische Botschaft scheint es nicht gegeben zu haben.

Über diese Wendung in dem Fall berichtet auch Bild.de:

Screenshot Bild.de - Wieder auf freiem Fuß - Vermeintlicher Terrorist suchte nur eine Frau

Die Redaktion schreibt:

Der aus Libyen stammende Asylbewerber wurde im Oktober als mutmaßlicher IS-Unterstützer festgenommen. Auch BILD hatte groß über den Fall berichtet.

Das, was für “Bild”-Verhältnisse wie ein ausgesprochen transparenter Umgang mit dem eigenen Tun wirkt, ist tatsächlich eine sehr wohlwollende Zusammenfassung in eigener Sache, eine geradezu verklärende Darstellung. Denn während die allermeisten Redaktionen es nach der Verhaftung von Omar A. im Oktober 2024 tatsächlich schafften, von einem “mutmaßlichen IS-Unterstützer” zu schreiben, von einem “Terrorverdächtigen” zu sprechen und mit “soll” und “offenbar” zu arbeiten, gab es in den “Bild”-Medien keinen Platz für Grautöne:

Ausriss Bild am Sonntag - SEK-Einsatz - Libyer (28) plante Terror-Anschlag auf israelische Botschaft in Berlin
Ausriss Bild-Titelseite - Er plante Anschlag auf Israel-Botschaft
Screenshot Bild.de - In Bernau bei Berlin gefasst - In diesem Heim plante der IS-Terrorist den Anschlag
Ausriss Bild-Zeitung - Anschlag auf Botschaft geplant - IS-Terrorist wird Haftrichter vorgeführt
Ausriss Bild-Zeitung - Warum war der noch hier? Dieser Grinser ist der IS-Terrorist, der in Berlin einen Anschlag plante
Ausriss Bild-Zeitung - Scheiterte die Abschiebung des IS-Terroristen am Flugplan?
Screenshot Bild.de - Er plante den Anschlag auf Israel-Botschaft - Der lächelnde IS-Terrorist von nebenan
(Alle Unkenntlichmachungen in diesem Beitrag stammen von uns.)

Omar A. sei ein “Terror-Libyer” und ein “IS-Fanatiker”, war sich die “Bild”-Redaktion sicher:

Er grinst und lächelt so freundlich. Doch er ist hochgefährlich!

Selbstverständlich will “Bild” diese vermeintliche Gefahr auch zeigen. Und so besorgte sich die Redaktion bei Instagram mehrere Fotos von Omar A. und veröffentlichte sie unverpixelt, teils riesengroß:

Ausriss Bild-Zeitung - Noch einmal die Schlagzeile Warum war der noch hier? Dieser Grinser ist der IS-Terrorist, der in Berlin einen Anschlag plante und dazu ein großes Foto von Omar A., das die Bild-Redaktion unverpixelt veröffentlich hat und wir nachträglich verpixelt haben

Nicht nur über Omar A. schrieb die “Bild”-Redaktion; auch über dessen Onkel verbreitete sie Mutmaßungen, die sich inzwischen als falsch herausgestellt haben dürften. Den Mann aus Nordrhein-Westfalen brachte “Bild” für eine Radikalisierung ins Spiel, die es offensichtlich nie gegeben hat:

Ob der Onkel seinen Neffen radikalisiert haben könnte, ist bislang nicht geklärt. Fakt ist: Im Raum Bonn besuchte Omar A. auch Moscheen.

Während die Redaktion bei ihrer Suche nach weiteren Schuldigen beim Onkel also noch ein Fragezeichen setzt, legte sie sich an anderer Stelle fest. Da der Asylantrag von Omar A. schon vor längerer Zeit abgelehnt, der Mann aber bis zu seiner Verhaftung nicht abgeschoben wurde, sah “Bild” zumindest eine indirekte Mitschuld bei den zuständigen Behörden:

Eine Abschiebung nach Libyen sei zu “diesem Zeitpunkt als aussichtslos” bewertet worden. Deshalb wurde der Fall A. zunächst auch gar nicht an die für Abschiebungen zuständige Ausländerbehörde weitergeleitet.

So konnte A. in Ruhe seinen Anschlag planen …

Was er, kleines Detail am Rande, offenbar nie tat.

Obwohl die große Wendung in dem Fall nun schon mehrere Tage zurückliegt, sind bei Bild.de die Überschriften, die Omar A. fälschlich zum Terroristen erklären, weiter unverändert abrufbar.

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“Blicks” Gewinnherausgabe, Aktueller SLAPP-Fall, Podcast-Wahlkampf

1. Boulevardblatt “Blick” muss Gewinn aus Persönlichkeitsverletzung herausgeben
(derstandard.at, Harald Fidler)
Harald Fidler berichtet, dass das Kantonsgericht Zug den Schweizer Medienkonzern Ringier zur Herausgabe von umgerechnet 326.000 Euro aus dem Gewinn seiner Berichterstattung über Jolanda Spiess-Hegglin zuzüglich Zinsen und Verfahrenskosten verurteilt hat. Die ehemalige Grünen-Politikerin Spiess-Hegglin hatte erfolgreich gegen die reißerische Berichterstattung der Boulevardzeitung “Blick” geklagt, die sie 2014 nach einer mutmaßlichen Vergewaltigung ins Zentrum einer medialen Hetzjagd gestellt hatte.

2. Flaggschiff in Schieflage
(taz.de, Alexander Teske)
Alexander Teske hat mehrere Jahre bei der “Tagesschau” gearbeitet und jüngst ein kritisches Buch über diese Zeit veröffentlicht, was von manchen als Nachtreten gewertet wird. Bei taz.de schreibt Teske über das schwindende Vertrauen der Deutschen in die Medien. Er sieht die “Tagesschau” als Teil dieses Problems: Trotz hoher Einschaltquoten werde die Redaktion intern und extern für ihre Themenauswahl, mangelnde Vielfalt und strukturelle Schwächen kritisiert. Diese Kritik werde aber oft nicht offen geäußert, um berufliche Nachteile zu vermeiden. Teske schreibt, dass diese Probleme wie Regierungsnähe, sprachliches Framing oder Boulevardisierung das Vertrauen der Zuschauerinnen und Zuschauer belasten und eine notwendige Reform erschweren würden.

3. Wie Journalismus die Demokratie stärkt
(verdi.de, Bärbel Röben)
Bärbel Röben berichtet über den 37. Journalismustag, bei dem die Rolle des Journalismus in Krisenzeiten und seine Verantwortung für den Schutz der Demokratie im Mittelpunkt standen. Expertinnen und Experten wie Elisabeth Niejahr und Martin Andree hätten betont, wie wichtig es sei, Macht kritisch zu hinterfragen, spaltende Narrative aufzudecken und sich gegen die Dominanz von Digitalkonzernen zu wehren, die politische Diskurse stark beeinflussen würden. Die Veranstaltung habe zu Solidarität und Engagement aufgerufen, um demokratische Grundrechte und Pressefreiheit aktiv zu verteidigen und zu stärken.

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4. Tsüri.ch löscht kritischen Artikel
(persoenlich.com, Christian Beck)
Christian Beck berichtet, dass das Zürcher Onlinemedium Tsüri.ch einen kritischen Artikel gelöscht habe, nachdem ihm eine sogenannte SLAPP-Klage angedroht worden sei. Solche Klagen oder deren Androhung würden vor allem kleine Medienhäuser unter Druck setzen. Der Fall zeige, wie das finanzielle Ungleichgewicht zwischen Kläger und Medium die investigative Arbeit und die Aufgabe des Journalismus, Missstände aufzudecken, erheblich behindern kann.

5. KI-Fotorealismus und Krisenberichterstattung: “Liar’s Dividend”
(de.ejo-online.eu, Oleksandra Yaroshenko)
Oleksandra Yaroshenko kritisiert die Verwendung von KI-generierten Bildern in der Krisenberichterstattung, wie etwa durch Amnesty International, da diese die Grenze zwischen dokumentarischer Wahrheit und künstlicher Darstellung verwischen und die Glaubwürdigkeit gefährden könnten. Sie verweist auf das Konzept der “Liar’s Dividend” (Lügendividende), wonach KI-Inhalte es Tätern ermöglichen, die Authentizität realer Beweise zu leugnen. Yaroshenko betont die ethischen Herausforderungen, die sich aus dem Einsatz solcher Technologien ergeben.

6. Podcasts im Wahlkampf: Das große Menscheln
(laeuft-programmschau.podigee.io, Audio: 24:14 Minuten)
Im Bundestagswahlkampf spielen mittlerweile auch Podcasts eine Rolle, und so entsenden Parteien ihre Kandidaten in Formate wie “Apokalypse und Filterkaffee”, “Lage der Nation” und “Alles gesagt?”. Was versprechen sich die Wahlkampfteams davon? Was die Journalistinnen und Journalisten? Und verändern diese Auftritte tatsächlich Wahlentscheidungen? Darüber spricht Alexander Matzkeit mit der ZDF-Korrespondentin und Podcasterin Nicole Diekmann.

RBB-Justiziariat getäuscht?, Zerstörung des ORF, Knast­zei­tungen

1. Täuschte die Redaktion ihre Hausjuristen?
(tagesspiegel.de, Alexander Fröhlich & Cristina Marina & Jost Müller-Neuhof)
“Der rbb hat im Zuge seiner Berichterstattung über Belästigungsvorwürfe gegen den Grünen-Politiker Stefan Gelbhaar schwerwiegende Fehler gemacht. Er hat Stefan Gelbhaar durch die nicht ausreichend geprüften Veröffentlichungen Unrecht getan.” Dies schrieb der öffentlich-rechtliche Sender in eigener Sache am Freitag in einer Pressemitteilung. Wie aus einer Antwort des RBB auf eine “Tagesspiegel”-Anfrage hervorgehe, könnte auch das hauseigene Justiziariat von der Redaktion getäuscht worden sein. Nun wolle der Sender “die Vorgänge auch journalistisch rekonstruieren und eine Aufarbeitung publizieren”.

2. “Die Zerstörung des ORF beginnt”
(arminwolf.at)
Armin Wolf kritisiert die Medienpolitik einer künftigen blau-schwarzen Koalition aus FPÖ und ÖVP in Österreich: “Sie wollen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk de facto verstaatlichen und dabei Programm und Personal massiv reduzieren.” Wolf, der selbst beim öffentlich-rechtlichen ORF arbeitet, warnt vor einer möglichen Umwandlung des Senders in einen staatlich kontrollierten “Grundfunk”. Zu seinem Text veröffentlicht er den offenen Brief der ORF-Redaktionsvertretung: Die Zerstörung des ORF.

3. Haben Medien zur Polarisierung beigetragen?
(deutschlandfunk.de, Sascha Wandhöfer, Audio: 57:52 Minuten)
Beim Deutschlandfunk (DLF) wurde ausführlich über die Corona-Berichterstattung der vergangenen Jahre gesprochen: “Welche Fehler haben Medien während der Corona-Pandemie gemacht? Welche blinden Flecken gab es? Wie hat das zur Polarisierung beigetragen?” Es diskutieren: der Journalisten Georg Mascolo, Kathrin Kühn aus der DLF-Wissenschaftsredaktion und der Medienforscher Carsten Reinemann.

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4. Feminismus im Archiv
(taz.de, Simone Schmollack)
“Zeit Online” hat seine feministische Kolumne “10 nach 8” nach zehn Jahren eingestellt. Zur Begründung heißt es, dass die Redaktion ihre “eigene Berichterstattung in diesen Bereichen erheblich ausgebaut” habe. Die Kolumne, insgesamt rund 2.000 Beiträge von etwa 600 Autorinnen aus verschiedenen Ländern, bleibe jedoch im Onlinearchiv verfügbar. Im Frühjahr erscheine außerdem eine Anthologie mit ausgewählten Texten.

5. Hass allein ist noch kein Geschäftsmodell
(rnd.de, Matthias Schwarzer)
Mit Blick auf die Abwanderung von Nutzerinnen und Nutzern sowie die schlechte finanzielle Situation bei X (vormals Twitter) kommentiert Matthias Schwarzer: “Es ist eine Entwicklung, die sich auch Mark Zuckerberg genau anschauen sollte. Der Meta-Chef hat seine Dienste in den vergangenen Wochen ebenfalls umgebaut – als eine Art Treueschwur für Donald Trump. Auf Facebook und Instagram ist es mittlerweile erlaubt, Frauen oder LGBTQIA-Personen zu beleidigen. Führt Zuckerberg diesen Kurs fort, dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, bis seinen Plattformen dasselbe Schicksal blüht wie X.”

6. Viele deut­sche Knast­zei­tungen online ver­öf­f­ent­licht
(lto.de, Jochen Zenthöfer)
Jochen Zenthöfer beschreibt, wie die Aktivistin Lilith Wittmann mit ihrem Projekt “Knastarchiv” erstmals eine Vielzahl deutscher Gefängniszeitungen gesammelt und online zugänglich gemacht hat, um mehr Transparenz über den Alltag in Haftanstalten zu schaffen. Wittmann habe bislang 500 Ausgaben von 19 verschiedenen Zeitungen aus 18 deutschen Gefängnissen gesammelt. Um die Anonymisierung kümmere sie sich selbst: “In den Ausgaben, die Wittmann auf Papier oder als Datei zugesandt bekommt, ist fast nie etwas geschwärzt. Sie holt das selbst nach. Wittmann sieht jede Ausgabe durch und entfernt Namen von Gefangenen und einfachen Beamten.” Einzige Ausnahme sei eine gewisse “Beate Z.”.

KW 04/25: Hör- und Gucktipps zum Wochenende

Hurra, Wochenende – und damit mehr Zeit zum Hören und Sehen! In unserer Wochenendausgabe präsentieren wir Euch eine Auswahl empfehlenswerter Filme und Podcasts mit Medienbezug. Viel Spaß bei Erkenntnisgewinn und Unterhaltung!

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1. Nur als “ferner liefen”? Kleinparteien und die Medien
(sr.de, Sabine Wachs & Thomas Bimesdörfer, Audio: 17:16 Minuten)
Sabine Wachs und Thomas Bimesdörfer diskutieren mit dem Politikwissenschaftler Uwe Jun über die geringe Medienpräsenz kleinerer Parteien im Vorfeld der Bundestagswahl. Sie gehen der Frage nach, ob Journalistinnen und Journalisten diese Parteien bewusst ignorieren oder ob es sich um einen blinden Fleck in der Berichterstattung handelt. Im Mittelpunkt des Gesprächs steht die Frage, ob die mangelnde Sichtbarkeit ein Demokratiedefizit darstellt.

2. Die Macht der Tech-Milliardäre: Angriff auf die Demokratie
(wdr.de, Andreas Maus & Julius Baumeister, Video: 11:59 Minuten)
Social-Media-Plattformen wie X (ehemals Twitter) und TikTok würden zunehmend politische Prozesse beeinflussen, indem sie rechtspopulistische Inhalte begünstigen und extremen Positionen Reichweite verschaffen. Der “Monitor”-Beitrag beleuchtet, wie die Plattformen mit Algorithmen und Manipulationsmechanismen Wahlen beeinflussen und Parteien wie die AfD oder rechtsextreme Kandidaten stärken können.
Weiterer Gucktipp: Die dazu passende Diskussion von “Monitor”-Redaktionsleiter Georg Restle mit der Informatikerin und Sprecherin des Chaos Computer Clubs Constanze Kurz sowie dem Medienwissenschaftler Martin Andree (youtube.com, Video: 1:00:45 Stunden).

3. Meta, Musk, Mastodon – Christian Schiffer über die Machtverschiebungen auf Social Media
(thisismedianow.podigee.io, Lukas Schöne, Audio: 53:30 Minuten)
Lukas Schöne spricht mit Christian Schiffer, Netzexperte beim Bayerischen Rundfunk, über die jüngsten Entwicklungen bei den digitalen Plattformen: “Können Medienschaffende sich noch auf Plattformen wie X oder Facebook verlassen, oder ist es Zeit für einen Strategiewechsel? Welche Rolle spielen alternative Netzwerke wie Mastodon und Bluesky? Und ist eine öffentlich-rechtliche europäische Social-Media-Plattform tatsächlich eine realistische Idee?”

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4. Wie gefährlich ist der Datenhandel?
(uebermedien.de, Holger Klein, Audio: 31:11 Minuten)
Im “Übermedien”-Podcast spricht Holger Klein mit Tech-Journalist Sebastian Meineck über die Recherche hinter den “Databroker Files”: “Wie sind die Journalisten an den Datensatz gekommen? Wie funktioniert das mit dem Datenhandel? Wo ist eigentlich die DSGVO, wenn man sie braucht? Und wie kann man seine Daten selbst besser schützen?”

5. Gesund durch Influencer? – Medizin-Hype mit Risiken & Nebenwirkungen
(ardmediathek.de, Rabea Westarp & Tasnim Rödder & Malte Schumacher, Video: 35:52 Minuten)
Das Team von SWR-“Vollbild” beleuchtet die wachsende Bedeutung von “Medfluencern” in Sozialen Medien, die – oft ohne medizinische Ausbildung – Gesundheitstipps teilen und dabei teilweise schädliche oder irreführende Inhalte verbreiten. Besonders problematisch seien Fälle, in denen Werbung mit redaktionellen Inhalten vermischt werde oder Verschwörungsideologien und ungeprüfte alternative Heilmethoden propagiert würden.

6. Island – Die Macht der Influencer
(ardmediathek.de, Christian Blenker & Andreas von Huene, Video: 44:39 Minuten)
Als “Land aus Feuer und Eis” zieht Island jährlich Millionen von Touristinnen und Touristen an – inspiriert durch perfekt inszenierte Bilder von Influencern in den Sozialen Medien, die die Vulkaninsel als Abenteuerparadies präsentieren. Die “Weltspiegel”-Doku begleitet ARD-Korrespondent Christian Blenker auf einem Roadtrip, um die Realität hinter diesen Bildern zu erkunden, und zeigt den enormen Druck, unter dem Influencer wie Gunnar Freyr und Ása Steinars stehen, immer spektakulärere Inhalte liefern zu müssen.

Googles Attraktivitätstest, Detox für Debatten, Politikerinszenierung

1. Google-Test schränkt journalistische Inhalte ein
(reporter-ohne-grenzen.de)
Google testet in neun EU-Ländern, journalistische Inhalte aus seinen Suchergebnissen auszuschließen, um die Auswirkungen auf die Attraktivität der eigenen Marke zu untersuchen. Der Versuch betrifft etwa 2,6 Millionen Nutzerinnen und Nutzer. Organisationen wie Reporter ohne Grenzen kritisieren den Test als Bedrohung für die finanzielle Nachhaltigkeit der europäischen Medien und für die demokratische Informationsfreiheit. Sie fordern Google auf, das Experiment sofort zu beenden, da es den Zugang der Bürgerinnen und Bürger zu unabhängigen journalistischen Informationen gefährde.

2. Detox für Debatten
(kontextwochenzeitung.de, Jürgen Lessat)
Jürgen Lessat hat mit dem Kommunikationswissenschaftler Frank Brettschneider über den Umgang mit Desinformation in Wahlsendungen und die Herausforderungen bei der Richtigstellung von Falschaussagen gesprochen. Brettschneider betont die Bedeutung von Echtzeit-Faktenchecks, gut vorbereiteter Redaktionen und eines methodischen Umgangs mit Desinformation, sieht aber die praktische Umsetzung in Live-Sendungen als schwierig an.

3. Wir decken Systemfehler auf: Ein Interview mit Investigativjournalistin Jelena Cosic
(de.ejo-online.eu, Johanna Mack)
Im Interview mit Johanna Mack spricht Jelena Cosic, Investigativjournalistin und Ausbildungsleiterin beim International Consortium for Investigative Journalists, über ihre Arbeit bei großen globalen Rechercheprojekten wie den Pandora Papers und den FinCEN Files. Cosic erklärt, wie grenzüberschreitende Recherchen systematische Missstände aufdecken und Verbindungen zwischen globalen Akteuren sichtbar machen können. Außerdem betont sie die Bedeutung von Teamarbeit, Sicherheit und investigativen Fähigkeiten sowie die Notwendigkeit, angehende Journalistinnen und Journalisten in diesen Disziplinen auszubilden.

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4. SZ-Streik macht sich bemerkbar
(verdi.de, Berit Kruse & Lea Weinmann)
Wie das Verdi-Medienmagazin “M” berichtet, streikt die Redaktion der “Süddeutschen Zeitung” für bessere Gehälter, fairere Bedingungen für Berufseinsteigerinnen und -einsteiger sowie eine Beteiligung an Effizienzerlösen durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz. Der Arbeitskampf führe zu gravierenden Einschränkungen in der Berichterstattung und mache die schwierige finanzielle Lage des Berufs, besonders für junge Journalistinnen und Journalisten, deutlich.

5. Was, wenn uns die Realität nicht mehr reicht?
(journalist.de, Richard Gutjahr)
Beim “journalist” beschreibt Richard Gutjahr, wie technologische Entwicklungen wie Smartbrillen und KI unsere Wahrnehmung der Realität verändern und zunehmend eine Verschmelzung von digitaler und physischer Welt ermöglichen. Er warnt vor den gesellschaftlichen Folgen, wenn Tech-Konzerne die Kontrolle über persönliche Daten und Wahrnehmungen übernehmen, und stellt die Frage, ob in einer solchen Zukunft eine gemeinsame Realität noch möglich ist.

6. Bundestagswahl: So inszenieren sich die Politiker
(ndr.de, Mirko Drotschmann, Video: 18:40 Minuten)
“Die Politikerinnen und Politiker nutzen kurz vor der anstehenden Bundestagswahl jede Möglichkeit, um sich in Szene zu setzen. Wem gelingt’s am besten?” Darüber hat das Medienmagazin “Zapp” mit der Porträtfotografin Anne Hufnagl und dem Kommunikationsberater Hendrik Wieduwilt gesprochen: “Auf welche Bildsprache setzen die Spitzenkandidatinnen und -kandidaten von SPD, CDU und Co.? Wer hat das Spiel mit den Bildern verstanden, wer langweilt seine Zuschauer?”

Wahlen 2025, Strategie des Tabubruchs, Folgeprobleme

1. Wahlen 2025: Wie konstruktiv berichten?
(bonjourno.de, Olivia Samnick, Audio: 1:05:30 Stunden)
Olivia Samnick diskutiert in ihrem Podcast “Bonjourno” mit drei Gästen über die Rolle des Journalismus im Vorfeld der vorgezogenen Bundestagswahl am 23. Februar 2025: Barbara Junge, Chefredakteurin der “taz”, spricht über Erfahrungen aus der Berichterstattung zu den Landtagswahlen 2024. Jürgen Döschner vom “Netzwerk Klimajournalismus” wirbt in einem offenen Brief dafür, das Thema Klima stärker auf die mediale Agenda zu setzen. Und Elena Kountidou von den “Neuen Deutschen Medienmacher*innen” gibt Tipps für eine ausgewogene Berichterstattung zum Thema Migration.

2. “Sun” entschuldigt sich bei Prinz Harry
(taz.de)
Die “Murdoch News Group” habe erstmals öffentlich für illegale Abhörmethoden der Zeitung “The Sun” um Entschuldigung gebeten und eine Entschädigung an Prinz Harry gezahlt. Damit sei ein geplanter Prozess abgewendet worden. In der Erklärung habe der Konzern nicht nur die Verletzung von Harrys Privatsphäre eingeräumt, sondern auch Eingriffe in das Leben seiner verstorbenen Mutter, Prinzessin Diana.

3. Elon Musk und der Hitlergruß: Die Strategie des metapolitschen Tabubruchs
(belltower.news, Una Titz)
“Elon Musks Hitlergruß, sein X-Profil-Rebranding, samt eines Profilbildes mit Pepe the Frog als römischen Soldaten sind keine Zufälle. Sie dienen als ‘Dogwhistles’ – subtile Signale, die von einer radikalisierten Online-Basis rezipiert und verstanden werden sollen.” Una Titz erklärt, was hinter den Auftritten Elon Musks steckt: (mediale) Aufmerksamkeit um jeden Preis.

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4. Meta macht es Nutzern offenbar schwer, Trump zu entfolgen
(spiegel.de)
Viele Nutzerinnen und Nutzer von Instagram und Facebook hätten Schwierigkeiten gehabt, den offiziellen Social-Media-Accounts von US-Präsident Donald Trump und dessen Vize J.D. Vance zu entfolgen. Das automatische Wiederfolgen und unerwünschte Hinzufügen zur Followerschaft hätten Empörung ausgelöst. Meta, der Konzern hinter Instagram und Facebook, habe sich noch nicht eindeutig dazu geäußert, ob es sich dabei um technische Fehler oder absichtliche Mechanismen gehandelt hat.

5. Neue RSF-Kampagne zur Bundestagswahl
(reporter-ohne-grenzen.de)
Wenige Wochen vor der Bundestagswahl hat die Organisation “Reporter ohne Grenzen” (RSF) eine “Sensibilisierungskampagne” in bundesweit knapp 250 Kinos gestartet: “Ohne eine vielfältige und freie Presse gibt es keine Demokratie. Wir appellieren an alle Wählerinnen und Wähler, dies bei ihrer Stimmabgabe bei der kommenden Bundestagwahl zu berücksichtigen”, so die RSF-Geschäftsführerin Anja Osterhaus.

6. Sebastian Gutknecht (Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz)
(wiesoweshalbwarum.podigee.io, Thomas Hartmann, Audio: 1:15:29 Stunden)
Thomas Hartmann spricht in seinem “Podcast über Kindermedien” mit Sebastian Gutknecht, Direktor der Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz, über den Schutz von Kindern und Jugendlichen in Sozialen Medien. Thema ist unter anderem das australische Gesetz, das Unter-16-Jährigen den Zugang zu Sozialen Netzwerken verbieten soll, und Gutknechts Kritik, dass ein derartiges Verbot in Deutschland “zu weitgehend” wäre.

7. Donald Trump kündigt milliardenschweres KI-Projekt an
(radioeins.de, Lorenz Meyer, Audio: 4:17 Minuten)
Zusätzlicher Link, da in eigener Sache: Bei radioeins kommentiert der “6-vor-9”-Kurator die KI-Deregulierung in den USA und die KI-Regulierung in Europa: “Die Gegensätze könnten kaum größer sein, könnte man zunächst meinen: Hier die EU mit ihrem Versuch, KI-Entwicklung in geordnete Bahnen zu lenken – dort die USA unter Trump mit einem deregulierten Turbo-Kapitalismus für KI-Systeme. Doch bei genauerem Hinsehen verschwimmen die Unterschiede.”

Berichterstattung untersagt, An Eides statt, Intime Szenen beim Film

1. RBB darf Vor­würfe im Fall Gelb­haar nicht ver­b­reiten
(lto.de, Luisa Berger)
“Der RBB berichtete über Vorwürfe von Frauen gegen den Politiker Gelbhaar – und musste sie kurz darauf wegen Recherchefehlern in Teilen wieder zurücknehmen. Nun untersagte das [Landgericht] Hamburg dem Sender auch weitere Berichterstattung.” Luisa Berger fasst den Fall bei “Legal Tribune Online” zusammen – und zwar sowohl inhaltlich als auch juristisch.

2. Wie funktioniert so eine eidesstattliche Versicherung im Journalismus?
(uebermedien.de, Lisa Kräher)
In seiner inzwischen gerichtlich untersagten Berichterstattung über den Grünen-Politiker Stefan Gelbhaar berief sich der RBB auch auf eine eidesstattliche Versicherung. Lisa Kräher erklärt bei “Übermedien”, dass eidesstattliche Versicherungen (EV) in journalistischen Texten dazu dienen können, die Glaubwürdigkeit anonymer Quellen zu untermauern und die Berichterstattung rechtlich abzusichern. Medienhäuser seien jedoch keine Behörden, daher habe eine EV juristisch erst dann Gewicht, wenn sie in einem presserechtlichen Verfahren vor Gericht vorgelegt werde. Außerdem warnt Kräher: “Nur, weil jemand etwas in einer eidesstattlichen Versicherung angibt, ist das nicht zwingend richtiger bzw. glaubhafter als Aussagen anderer Quellen. Deshalb ist eine eidesstattliche Versicherung auch kein Freibrief für Journalisten, Inhalte oder deren Absender weniger genau zu überprüfen als andere Aussagen.”

3. “Samma, wie lange wollt ihr bei dem Scheiß bleiben?”
(dwdl.de, Timo Niemeier)
Während der Amtseinführung von Donald Trump als US-Präsident fragte ein Simultandolmetscher des Senders Phoenix on air die Regie: “Samma, wie lange wollt ihr bei dem Scheiß bleiben?” Phoenix erklärte später, dass es sich um eine technische Panne gehandelt habe, und betonte, dass die Äußerung nicht die Meinung des Senders widerspiegele.
Weiterer Lesetipp: Bei n-tv.de erklärt Dolmetscher Frank Deja, dass er eine falsche Taste gedrückt habe und deshalb ungewollt zu hören gewesen sei. Außerdem geht er auf den Inhalt seiner Aussage ein: “Die politischen Inhalte sind nicht das Problem. Ich dolmetsche ständig Leute, mit deren politischen Inhalten ich nicht einverstanden bin. Das Problem bei Trump war, dass er auf einmal anfing, frei zu assoziieren oder dreimal hintereinander dasselbe zu sagen. Diesen wirren Gedankensprüngen zu folgen, ist die Schwierigkeit beim Dolmetschen.” (n-tv.de, Hedviga Nyarsik)

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4. Instagram unterdrückt Suchtreffer
(spiegel.de)
Meta-Chef Mark Zuckerberg kündigte kürzlich einen Kurswechsel hin zu mehr “freier Rede” auf Plattformen wie Instagram und Facebook an. Doch Nutzerinnen und Nutzer hätten festgestellt, dass bei bestimmten Hashtags wie #democrat oder #abortion keine Suchergebnisse kämen, während ähnliche Begriffe wie #republican weiterhin Treffer geliefert hätten. Auf Nachfrage habe Meta erklärt, dass es sich um einen “Fehler” handele, der schnell behoben werde.

5. Reichweite reicht nicht
(verfassungsblog.de, Manu Winau)
Mona Winau argumentiert, dass die Bundesregierung die Nutzung von Social-Media-Plattformen wie X und Facebook nicht mit ihrem verfassungsrechtlichen Informationsauftrag rechtfertigen könne, da dort Inhalte vor allem nach der Aufmerksamkeitsökonomie priorisiert würden und nicht die sachliche und neutrale Information gefördert werde. Winau kritisiert, dass die Präsenz des Staates auf den Plattformen nicht nur deren Reichweite erhöhe, sondern indirekt auch Desinformation und populistische Inhalte fördere.

6. Intime Szenen beim Film
(verdi.de, Gunter Becker)
Gunter Becker hat mit der Bremer Intimitätskoordinatorin Sarah Lee über deren Arbeit gesprochen, die zunehmend Teil von Film- und TV-Produktionen sei. Lee erklärt, wie sie intime Szenen choreografiert, um Sicherheit, Einvernehmen und erzählerische Wirkung zu gewährleisten, und welche zwischenmenschlichen und technischen Fähigkeiten dafür erforderlich sind.

Klimakrise in den Medien, Welt im Wandel, “Süddeutsche” bestreikt

1. “Die Klimakrise wird uns in den nächsten fünf Jahren sowas von um die Ohren fliegen”
(journalist.de, Catalina Schröder)
Luisa Neubauer spricht im Interview mit dem “journalist” über die Verantwortung von Parteien und Medien, die Klimakrise trotz anderer Krisen stärker in den Fokus zu rücken. Sie kritisiert die Berichterstattung als oft zu wenig substanziell und fordert ein breiteres Verständnis für Klimafragen in allen journalistischen Formaten: “Es scheint, als hätte man sich dazu entschieden, nicht weiter über die Klimakrise zu berichten, obwohl sie umfassend und existenziell ist. Aber sie ist nicht weg, nur weil man weniger darüber berichtet”, so die Klimaaktivistin.

2. “Süddeutsche Zeitung” wird für 48 Stunden bestreikt
(dwdl.de, Timo Niemeier)
Wie “DWDL” berichtet, streiken die Redakteurinnen und Redakteure der “Süddeutschen Zeitung” wegen festgefahrener Tarifverhandlungen mit dem Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger 48 Stunden lang. Die Gewerkschaften würden eine Tariferhöhung von zwölf Prozent fordern, rückwirkend ab Mai 2024. Das Angebot der Verleger falle deutlich niedriger aus. Außerdem wolle die Arbeitgeberseite Gehaltssteigerungen an selbst organisierte und selbst bezahlte Weiterbildungen koppeln.

3. Die Welt im Wandel: Sicherheits- und Verteidigungspolitik im Fokus des Journalismus
(fachjournalist.de, Ulrike Bremm)
Jörg Köpke, Chefredakteur und Leiter Kommunikation des Thinktanks Centrum für Europäische Politik, spricht im Interview mit Ulrike Bremm über die Herausforderungen des Sicherheits- und Verteidigungsjournalismus angesichts der aktuellen geopolitischen Lage, insbesondere nach der Wiederwahl von US-Präsident Donald Trump. Köpke beleuchtet, wie Trumps erratische Politik und Europas mangelnde Vorbereitung die Sicherheitslage verschärfen könnten, und kritisiert die zunehmende Oberflächlichkeit in der Berichterstattung über sicherheitspolitische Themen.

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4. EU-Abgeordneter, Youtuber und Musk-Fanboy: Die große Show des Fidias
(rnd.de, Matthias Schwarzer)
“Seit dem Sommer sitzt der Youtuber Fidias Panayiotou für Zypern im EU-Parlament. Seinen Fans präsentiert er regelmäßig Clips aus Brüssel, die auch Elon Musk gefallen. Andere Abgeordnete verlieren langsam die Nerven. Was genau ist seine Agenda?” Matthias Schwarzer ist dem kuriosen Fall nachgegangen, bei dem ein Youtuber anscheinend das EU-Parlament vornehmlich dafür nutzt, um Social-Media-Aufmerksamkeit für sich zu generieren.

5. Bloß raus bei der Hetz-Plattform von Musk
(netzpolitik.org, Markus Reuter)
Immer mehr Organisationen, darunter staatliche Institutionen, Medien, Vereine und Städte, verlassen Elon Musks Plattform X (vormals Twitter), die zunehmend mit Hetze, Demokratiefeindlichkeit und extremistischen Positionen in Verbindung gebracht werde. Beispiele seien die Bundeswehr, der Hessische Rundfunk sowie die Sportvereine Hertha BSC und SV Darmstadt 98, die ihre Werte nicht mit X vereinbar sähen. Insbesondere die Plattform Bluesky profitiere von der Abwanderung, da sie als Alternative für ein faires und respektvolles Online-Umfeld wahrgenommen werde.

6. Keine Rolle rückwärts
(djv.de, Gina Schad)
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) warnt vor einer möglichen Einflussnahme von Plattformkonzernen wie X und Meta auf europäische Standards, vor allem nach Donald Trumps Amtsantritt als US-Präsident. Elon Musk und Mark Zuckerberg hätten bereits Maßnahmen ergriffen, die europäische Regelungen gegen Desinformation untergraben könnten. Der DJV fordert Politik und Aufsichtsbehörden auf, den Digital Services Act entschlossen durchzusetzen, um demokratische Spielregeln und die politische Willensbildung vor der Bundestagswahl zu schützen.

Kampagnen gegen Habeck, Fehler bei Gelbhaar-Recherche, “ttt”-Desaster

1. Die wilden Kampagnen gegen Robert Habeck
(youtube.com, Mats Schönauer, Video: 27:57 Minuten)
Mats Schönauer wirft auf seinem Youtube-Kanal “Topfvollgold” regelmäßig einen kritischen Blick hinter die Kulissen von Boulevardpresse, Youtubern und Social Media. Diesmal geht es um den Umgang bestimmter Medien mit dem Grünen-Politiker Robert Habeck: “In diesem Video zeige ich, mit welchen Tricks einige Medien und politische Influencer – z.B. die BILD-Zeitung, Alexander Raue (Vermietertagebuch) oder Julian Reichelt (Nius; Achtung, Reichelt!) – gegen den Kanzlerkandidaten der Grünen kämpfen und damit riesigen Hass und unfassbare Gewalt- und Mordfantasien befeuern.”
Transparenzhinweis: Mats Schönauer ist ehemaliger Leiter des BILDblog und Co-Autor des BILDblog-Buchs “Ohne Rücksicht auf Verluste. Wie BILD mit Angst und Hass die Gesellschaft spaltet”.

2. RBB-Chefredakteur räumt Fehler bei Gelbhaar-Recherche ein
(spiegel.de)
Der RBB hat journalistische Fehler bei der Berichterstattung über Belästigungsvorwürfe gegen den Bundestagsabgeordneten Stefan Gelbhaar (Grüne) eingeräumt. Die zentrale Zeugin “Anne K.” existiere nicht. RBB-Chefredakteur David Biesinger spreche von krimineller Energie und betrügerischer Absicht, auf die der öffentlich-rechtliche Sender hereingefallen ist. Man habe Strafanzeige gegen eine Person gestellt. Gelbhaar habe die gegen ihn erhobenen Vorwürfe bis zuletzt bestritten. Die Grünen-Bezirkspolitikerin, die die Vorwürfe gegen ihn erhoben hatte, sei aus der Partei ausgetreten.

3. Klischees versus Realität
(tagesschau.de, Tom Garus)
“Der Anteil der Frauen in Führungspositionen der größten deutschen Unternehmen steigt nur langsam. Liegt das auch an der Art der Berichterstattung über Managerinnen in den Medien?” Tom Garus fasst die Ergebnisse des neuen “Managerinnen-Barometers” zusammen, für das drei Wissenschaftlerinnen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung Zehntausende Artikel aus drei großen überregionalen Tageszeitungen ausgewertet hätten.

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4. “Hetze und Demokratiefeindlichkeit” – Hessischer Rundfunk verlässt Kurznachrichtendienst X von Musk
(tagesspiegel.de)
Immer mehr Medien und Institutionen verlassen Elon Musks Plattform X/Twitter. Nun hat sich auch der Hessische Rundfunk von dort zurückgezogen. X sei aus Sicht des Senders kein Ort mehr für einen offenen und fairen Austausch. Seit Milliardär Musk die Plattform übernommen hat, würden dort zunehmend Hetze und Demokratiefeindlichkeit dominieren, so “hessenschau”-Leiter Fabian Kühne in einer Mitteilung.

5. EU-Kom­mis­sion for­dert von X interne Doku­mente
(lto.de)
Und noch einmal X: Die EU-Kommission ermittelt gegen Elon Musks Plattform und fordert interne Dokumente zu Algorithmen sowie Zugang zu Programmierschnittstellen, um potenzielle Verstöße gegen den Digital Services Act zu prüfen. Ziel sei es, systemische Risiken wie Desinformation und Hassrede zu bewerten. Musk stehe zudem wegen seines politischen Einflusses, etwa durch die Unterstützung der AfD, unter Beobachtung. Bei Nichteinhaltung der Vorschriften würden X empfindliche Strafen drohen, darunter Geldbußen und tägliche Strafzahlungen.

6. “ttt”: Redakteure kritisieren ARD für “Kommunikationsdesaster”
(dwdl.de, Timo Niemeier)
Wie Timo Niemeier bei “DWDL” berichtet, habe die Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Redaktionsausschüsse die ARD für ihr “Kommunikationsdesaster” rund um die Personalie Thilo Mischke kritisiert: “Der öffentlich-rechtliche Rundfunk steht ohne Not schlecht da. Zum einen durch eine mangelhafte, verzagte Krisenkommunikation, in der niemand von den direkt Verantwortlichen für die Entscheidung Verantwortung übernommen und sie erklärt hat”, heiße es von der Arbeitsgemeinschaft. Mischke war als Co-Moderator für das Kulturmagazin “titel, thesen, temperamente” vorgesehen.

KW 03/25: Hör- und Gucktipps zum Wochenende

Hurra, Wochenende – und damit mehr Zeit zum Hören und Sehen! In unserer Wochenendausgabe präsentieren wir Euch eine Auswahl empfehlenswerter Filme und Podcasts mit Medienbezug. Viel Spaß bei Erkenntnisgewinn und Unterhaltung!

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1. Heinrich Böll: “Katharina Blum lebt!”
(arte.tv, Cordula Echterhoff & Birgit Schulz, Video: 52:07 Minuten)
Heinrich Bölls Erzählung “Die verlorene Ehre der Katharina Blum” schildert, wie eine Frau durch die Hetze der Boulevardpresse diffamiert und letztlich zur Mörderin wird. Die zeitlose Kritik an Sensationsgier und Frauenfeindlichkeit ist heute angesichts digitaler Hetzkampagnen aktueller denn je. Eine Arte-Dokumentation beleuchtet den historischen Kontext, die Relevanz des Werks und die Parallelen zur heutigen Medienwelt mit Stimmen von Zeitzeugen, Autoren und Aktivistinnen.

2. Meta: Zuckerbergs Änderungen in den USA – Was bedeuten sie für die deutsche Medienwelt?
(deutschlandfunk.de, Fanny Buschert, Audio: 45:11 Minuten)
Mark Zuckerberg hat für Meta-Plattformen wie Facebook und Instagram in den USA gravierende Änderungen angekündigt. Gavin Karlmeier glaubt, dass auch Medien hierzulande die Folgen zu spüren bekommen werden. Welche das sein könnten, diskutiert er mit Deutschlandfunk-Faktencheckerin Sarah Schmidt und Eva Flecken, Direktorin der Medienanstalt Berlin-Brandenburg.

3. Der Fall P. Diddy: Klicks mit Gerüchten
(ndr.de, Saïda Belaatel & Kim Kristin Mauch, Video: 17:27 Minuten)
In ihrer “Zapp”-Reportage beleuchten Saïda Belaatel und Kim Kristin Mauch die Vorwürfe des Machtmissbrauchs und der sexuellen Übergriffe im größten #MeToo-Fall der Musikindustrie, die sich gegen Sean Combs alias P. Diddy richten. Sie hinterfragen die Rolle von Content-Creatorn, die mit Spekulationen und Gossip zum Fall Reichweite in den Sozialen Medien erzielen, und sprechen mit Betroffenen sowie Experten über die Grenzen des Erlaubten. Dabei geht es auch um die rechtlichen und ethischen Folgen öffentlicher Spekulationen.

Bildblog unterstuetzen

4. Bringt die neue WDR-Intendantin den Kulturwandel?
(laeuft-programmschau.podigee.io, Alexander Matzkeit, Audio: 22:11 Minuten)
Alexander Matzkeit hat sich mit Anne Burgmer, Leiterin der Kulturredaktion des “Kölner Stadt-Anzeigers”, über die gerade zu Ende gegangene Amtszeit des WDR-Intendanten Tom Buhrow und über Buhrows Nachfolgerin Katrin Vernau unterhalten: “Welche Schwerpunkte wird die Wirtschaftswissenschaftlerin Vernau im Programm setzen können? Kann ihr gelingen, was Buhrow nicht geschafft hat: die Kultur im WDR zu verändern?”

5. Springen Journalisten im Wahlkampf über zu viele Stöckchen?
(uebermedien.de. Holger Klein, Audio: 31:24 Minuten)
Holger Klein spricht im “Übermedien”-Podcast mit Helene Bubrowski, Politikjournalistin und stellvertretende Chefredakteurin von “Table.Media”, über die schwierige Arbeit der Hauptstadtjournalistin und ihrer Kollegen in Zeiten des Wahlkampfs: “Über welche Stöckchen springen Medien zu oft? Was bringt es, Dinge zu ignorieren? Welche Themen gehen unter? Und warum haben es private Medien bei der Berichterstattung vor einer Wahl manchmal leichter als öffentlich-rechtliche?”

6. FC Hollywood: Der FC Bayern und die verrückten 90er
(zdf.de, Nicolas Berse-Gilles & Markus Brauckmann & Simone Schillinger, Video: fünf Folgen à 28 bis 48 Minuten)
In der zweiten Hälfte der 1990er-Jahre entwickelte sich der FC Bayern München zum “FC Hollywood”: Es gab Skandale, Intrigen, Verrat. Die fünfteilige ZDF-Doku spürt dieser Zeit sehenswert nach. In allen fünf Folgen spielt auch die Berichterstattung rund um den Klub eine Rolle, es kommen verschiedene journalistische Wegbegleiterinnen und -begleiter zu Wort. Doch vor allem in den Folgen 2 (“Die Jagd”) und 3 (“Der Verrat”) geht es um das Spannungsfeld zwischen Verein, Fußballstars und Boulevard.

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BILDblog-Klassiker

neu  

Von Katzen und dummen Menschen

Gestern berichtete “Bild”:

… und okay-okay, im letzten Absatz, ganz am Ende ihrer Berichterstattung hat “Bild” im Vornamen der darin zitierten Tierschützerin “Annelise Krauß” ein “e” vergessen. Aber selbst Anneliese Krauß findet das nicht so schlimm. Allerdings steht ihr Name natürlich nicht nur zum Spaß in “Bild”. Zitiert wird sie dort – und zwar wie folgt:

‘Das ist so schlimm wie grausame Tierversuche’, wettert Annelise Krauß vom Tierschutzverein Dresden.”

Und das sei nun wirklich “Quatsch”, sagt Krauß, wenn man sie fragt. Weil sie nämlich den von “Bild” zitierten Satz weder gewettert noch gesagt habe. Im Gegenteil: “Das wäre ja auch idiotisch,” sagt Krauß, “denn wenn es um tote Tiere geht, dann ist das ja kein Problem des Tierschutzes!” Zusammenfassend sagt uns die Tierschützerin über die Erfindung von Christian Koch (der laut “Bild” ja “aus Katzen Benzin machen” kann):

“Von unserer Seite ist daran nichts auszusetzen.”

Und genau so habe sie das im Übrigen auch zu “Bild” gesagt. (Aber, so Krauß weiter, wenn “der Herr Helfricht”, also einer der Autoren des “Bild”-Artikels, sie anrufe, dann wisse sie schon aus Erfahrung, dass hinterher Sachen in “Bild” stünden, die sie so gar nicht gesagt habe. Das gehe in Dresden schließlich schon über zehn Jahre so, so Krauß. — Und soviel vielleicht nur zum letzten Absatz des obigen Artikels.)

Kommen wir zum Rest, dem Eigentlichen, also darum, dass “Dr. Christian Koch (55) aus Kleinhartmannsdorf (Sachsen)”, wie es in “Bild” heißt, “aus Katzen Benzin machen” könne: Denn dass die “Benzin”-Überschrift Unsinn ist, verrät schließlich schon der dazugehörige “Bild”-Text selbst, weil darin nur von “Bio-Diesel” oder “Diesel” die Rede ist… Tatsächlich aber hat Koch offenbar eine ungewöhnliche und effektive Alternativmethode zur Treibstoffgewinnung entwickelt: die katalytische drucklose Verölung (KDV), über die beispielsweise schon der MDR im Mai 2003, 3sat im Juli 2004, die “Welt” im Januar 2005, die “Pirmasenser Zeitung” im Juli, der RBB vergangene Woche oder auch RTL berichteten. Und all diesen Berichten ist eines gemein: dass sie dem Gegenstand, über den sie (durchaus auch kritisch) berichten, gerecht werden.

“Bild” indes nennt Kochs Erfindung einen “Spezialreaktor” und schreibt Sätze wie diesen:

“Die Katzen-Kraft lässt sich theoretisch exakt berechnen: Aus einem ausgewachsenen 13-Pfund-Kater könnten 2,5 Liter Sprit entstehen, vier Miezen würden für 100 Kilometer reichen, für eine Tankfüllung wären 20 tote Katzen erforderlich.”

Und fragt man einfach mal nach bei dem “Mann, der (Stuben-)Tiger in den Tank packen kann” (“Bild”), antwortet Christian Koch, der “Bild”-Bericht habe “nichts mit der Wahrheit zu tun” und sei “zudem grenzenlos dumm”. Koch weiter:

“Wie kann man mit gekochtem tierischen Material Auto fahren? Wasser würde jeden Motor sofort zum Stillstand bringen. Hier wird an die niedrigsten Instinkte von dummen Menschen appelliert, um eine wertvolle Entwicklung zu verunglimpfen. (…) Mir zu unterstellen, dass ich mit Tierkadavern herumhantiere, ist kriminell. Das ist nicht im geringsten der Inhalt der Entwicklung und kann deshalb nur als gezielte Verleumdung angesehen werden.”

Auf der Website von Kochs Firma heißt es zudem inzwischen:

Mit Dank an Jan S. für die Anregung.
 
Nachtrag, 12:15:
“Bild” hat die Sache mit der “Katzen-Kraft” heute noch einmal aufgegriffen:

Darf man aus Katzen wirklich Benzin machen?

Doch wenn es jetzt etwas vorsichtiger als gestern heißt, dass Christian Koch “theoretisch auch aus Katzen” Bio-Diesel herstellen “könnte”, wenn jetzt nicht Koch, sondern ein Konkurrent die gestern von “Bild” aus der Luft gegriffene Skandalisierung zurechtrücken darf, wenn nun auch die gelassene Position der Tierschützer weniger sinnenstellend als gestern wiedergegeben wird und sich im heutigen “Bild”-Bericht immerhin ein einziger halbwegs sinnvoller Satz (“Die Diskussion ist überflüssig”) wiederfindet, dann macht das alles den Nonsens von gestern weder ungeschehen noch besser — und sei es nur deshalb, weil es “Bild” offenbar immer noch nicht gelingen will, zwischen “Benzin” (Überschrift) und “Diesel” (Text) zu unterscheiden…

Mehr dazu hier und hier.